Nord­rhein-West­fa­len (NRW) hat die Pati­en­ten­für­spra­che – die unab­hän­gi­ge Ver­tre­tung von Pati­en­ten­in­ter­es­sen im Kran­ken­haus – erst­mals ver­bind­lich in sei­nem Lan­des­kran­ken­haus­ge­setz ver­an­kert. Mit der Novel­lie­rung des Kran­ken­haus­ge­stal­tungs­ge­set­zes NRW (KHGG NRW) ist nun jedes Kran­ken­haus in Nord­rhein-West­fa­len gesetz­lich ver­pflich­tet, eine unab­hän­gi­ge Pati­en­ten­für­spre­che­rin oder einen Pati­en­ten­für­spre­cher sowie eine Stell­ver­tre­tung zu beru­fen. Die­se Neue­rung, fest­ge­hal­ten in § 5 KHGG NRW, mar­kiert einen Mei­len­stein für die Stär­kung der Pati­en­ten­rech­te in NRW und ist direkt auf die jah­re­lan­ge fach­li­che und poli­ti­sche Arbeit des Lan­des­ver­bands der Pati­en­ten­für­spre­cher in Kran­ken­häu­sern NRW (LPIK NRW) und des Bun­des­ver­bands (BPiK) zurück­zu­füh­ren.

Gesetz­li­che Ver­an­ke­rung in § 5 KHGG NRW

Die Novel­le des KHGG NRW trat am 28. April 2022 in Kraft und schreibt die Pati­en­ten­für­spra­che erst­mals expli­zit ins Lan­des­recht.

§ 5 KHGG NRW regelt aus­führ­lich die Bestel­lung und Auf­ga­ben der Pati­en­ten­für­spre­che­rin­nen und ‑für­spre­cher. Eini­ge zen­tra­le Punk­te der neu­en Rechts­grund­la­ge sind:

  • Pflicht zur Bestel­lung: Jede Kli­nik in NRW muss eine unab­hän­gi­ge Pati­en­ten­für­spre­che­rin oder einen unab­hän­gi­gen Pati­en­ten­für­spre­cher sowie eine Stell­ver­tre­te­rin bzw. einen Stell­ver­tre­ter bestel­len. Bereits vor Inkraft­tre­ten der Geset­zes­no­vel­le ver­füg­ten rund 78 % der NRW-Kran­ken­häu­ser frei­wil­lig über eine Pati­en­ten­für­spre­che­rin oder einen Pati­en­ten­für­spre­cher – nun gilt die­se Vor­ga­be flä­chen­de­ckend für alle Kli­ni­ken.
  • Unab­hän­gig­keit und Ehren­amt: Pati­en­ten­für­spre­che­rin­nen und ‑für­spre­cher ste­hen außer­halb der Kran­ken­haus­hier­ar­chie. Beschäf­tig­te des Kran­ken­haus­trä­gers oder Mit­glie­der sei­ner Orga­ne dür­fen nicht zu Pati­en­ten­für­spre­chern bestellt wer­den, um Unab­hän­gig­keit zu gewähr­leis­ten. Ihr Amt wird ehren­amt­lich aus­ge­übt; der Kran­ken­haus­trä­ger soll jedoch für ange­mes­se­ne Fort- und Wei­ter­bil­dun­gen sor­gen.
  • Auf­ga­ben und Rech­te: Die Pati­en­ten­für­spre­cher ver­tre­ten die Inter­es­sen der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten gegen­über dem Kran­ken­haus und fun­gie­ren als nied­rig­schwel­li­ge Anlauf­stel­le für Feed­back. Sie prü­fen Anre­gun­gen, Bit­ten und Beschwer­den von Pati­en­ten und wer­den grund­sätz­lich nur auf aus­drück­li­chen Wunsch der Pati­en­tin oder des Pati­en­ten tätig. Mit schrift­li­chem Ein­ver­ständ­nis der Betrof­fe­nen kön­nen sie Anlie­gen direkt an die Kli­nik­lei­tung, den Trä­ger oder zustän­di­ge Behör­den her­an­tra­gen. Dabei unter­lie­gen sie der Schwei­ge­pflicht und dem Daten­schutz.
  • Unter­stüt­zung durch die Kli­nik: Kran­ken­haus­trä­ger sind ver­pflich­tet, die Pati­en­ten­für­spre­cher in ihrer Arbeit zu unter­stüt­zen. So muss z.B. geeig­ne­ter Raum zur Ver­fü­gung gestellt und sicher­ge­stellt wer­den, dass alle Pati­en­ten früh­zei­tig über die zustän­di­gen Pati­en­ten­für­spre­cher (Name, Erreich­bar­keit, Sprech­zei­ten, Auf­ga­ben­be­reich) infor­miert wer­den. Die Kon­takt­da­ten der Pati­en­ten­für­spre­cher sind der Auf­sichts­be­hör­de zu mel­den, und ein unmit­tel­ba­rer Zugang für Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten zu den Für­spre­chern muss gewähr­leis­tet sein.

Durch die­se Rege­lun­gen wird die Pati­en­ten­für­spra­che in NRW auf eine soli­de recht­li­che Basis gestellt. Der gesetz­li­che Auf­trag ent­spricht bewähr­ter Pra­xis in vie­len Kli­ni­ken und stellt sicher, dass Pati­en­ten­in­ter­es­sen in jeder Ein­rich­tung Gehör fin­den. NRW reiht sich mit die­sem Schritt in die Grup­pe der Bun­des­län­der ein, die eine Pati­en­ten­für­spre­cher-Benen­nung im Kran­ken­haus­ge­setz vor­schrei­ben (u.a. Ber­lin, Bre­men, Nie­der­sach­sen, Saar­land). Erfah­run­gen zei­gen, dass eine kla­re Geset­zes­grund­la­ge die Ver­brei­tung von Pati­en­ten­für­spre­chern deut­lich erhöht: In Län­dern mit ent­spre­chen­der Rege­lung ver­fü­gen über 90 % der Kli­ni­ken über Pati­en­ten­für­spre­cher (Ber­lin 96 %, Saar­land 95 %), wäh­rend Län­der ohne Vor­ga­be – etwa Bay­ern (43 %) oder Ham­burg (17 %) – deut­lich hin­ter­her­hin­ken. Die NRW-Lan­des­re­gie­rung setzt mit § 5 KHGG NRW somit ein wich­ti­ges Signal für mehr Pati­en­ten­schutz und Trans­pa­renz im Kran­ken­haus.

Ver­bands­ar­beit zahlt sich aus: Erfolg durch LPIK NRW und BPiK

Die Auf­nah­me der Pati­en­ten­für­spra­che ins Lan­des­recht ist unmit­tel­ba­res Ergeb­nis jah­re­lan­ger Ver­bands­ar­beit. Der Lan­des­ver­band der Pati­en­ten­für­spre­cher in NRW (LPIK NRW) und der Bun­des­ver­band (BPiK) haben kon­ti­nu­ier­lich sowohl fach­lich als auch poli­tisch auf die­se Ent­wick­lung hin­ge­ar­bei­tet. Ver­tre­ter des LPIK NRW und des BPiK brach­ten ihre Exper­ti­se in Gesprä­che und Ver­hand­lun­gen mit dem Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um Nord­rhein-West­fa­len und der Kran­ken­haus­ge­sell­schaft NRW ein, um die Rol­le der Pati­en­ten­für­spre­cher zu stär­ken.

Neben der poli­ti­schen Über­zeu­gungs­ar­beit leis­te­ten die Ver­bän­de umfang­rei­che fach­li­che Grund­la­gen­ar­beit. So initi­ier­te der LPIK NRW ein Pilot­pro­jekt zur Qua­li­fi­zie­rung ehren­amt­li­cher Pati­en­ten­für­spre­cher, geför­dert vom Lan­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um. In des­sen Rah­men wur­de ein Cur­ri­cu­lum und Schu­lungs­plan ent­wi­ckelt und erprobt, das als Basis für die Zer­ti­fi­zie­rung von Pati­en­ten­für­spre­che­rin­nen und ‑für­spre­chern in NRW dient. Die­ses Enga­ge­ment ver­bes­ser­te nicht nur die Qua­li­tät der Pati­en­ten­für­spra­che vor Ort, son­dern unter­strich gegen­über Ent­schei­dungs­trä­gern den pro­fes­sio­nel­len Anspruch und Mehr­wert der Tätig­keit.

Der BPiK sieht in der NRW-Lösung zugleich einen Modell­cha­rak­ter und wird sich wei­ter­hin dafür ein­set­zen, bun­des­weit ein­heit­li­che Rege­lun­gen für Bestel­lung, Qua­li­fi­zie­rung und Unter­stüt­zung von Pati­en­ten­für­spre­chern zu schaf­fen, damit die Stim­me der Pati­en­ten über­all Gehör fin­det.

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