Eine starke Stimme aus der Luft – wie die DRF Luftrettung Patientenfürsprache neu denkt
Regelmäßig befragt der Bundesverband Patientenfürsprecher in Krankenhäusern (BPiK) engagierte Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis, die Patientinnen und Patienten eine Stimme geben. Heute sprechen wir mit Carsten Dummann, dem ersten Patientenfürsprecher der DRF Luftrettung – und damit einem echten Pionier: Als erste Luftrettungsorganisation in Deutschland hat die DRF diese Funktion im November 2024 eingeführt. Im Interview berichtet er, wie Patientenfürsprache auch außerhalb der Klinik gelingen kann, warum Zuhören und Vermitteln manchmal Leben verändert – und was ihn persönlich antreibt, den Menschen hinter jedem Einsatz eine Stimme zu geben.
Herr Dummann, beschreiben Sie doch bitte Ihre Rolle. Was macht die Patientenfürsprache bei der DRF besonders, wie sind Sie in die organisatorischen Abläufe eingebettet?
Als Patientenfürsprecher bin ich eine unabhängige Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige. Ich berate zu Fragen rund um die medizinische Versorgung, helfe Unklarheiten aufzulösen und vermittle bei Beschwerden oder Konflikten zwischen Patientinnen und dem Personal der DRF Luftrettung. Besonders ist, dass die DRF Luftrettung diese im November 2024 als erste Luftrettungsorganisation in Deutschland etabliert hat. In vielen Bundesländern sind Kliniken gesetzlich zur Benennung unabhängiger Patientenfürsprecher verpflichtet. Für Luftrettungsorganisationen hingegen besteht keine formelle Verpflichtung – nach Einführung der neuen Funktion haben wir jedoch großen Zuspruch erhalten, dies wird auch in Fachkreisen sehr begrüßt.
Anders als im Krankenhaus erfolgt die Kontaktaufnahme seitens der Patienten bei der Luftrettung meist erst nach dem Einsatz. Dies liegt in der Natur der Sache, da es bei der Versorgung am Einsatzort oftmals sehr schnell gehen muss. Die Anfragen, die mich im Nachhinein erreichen sind vielfältig: von der Suche nach verlorenen Gegenständen über Rückmeldungen bis hin zu Fragen zu Einsatzprotokollen oder der Unterstützung von Angehörigen nach schweren Unfällen. Auch die zuständigen Krankenkassen wenden sich mit Fragestellungen an uns – ebenso wie Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen der DRF Luftrettung. Ein Patientenfürsprecher handelt eher im Verborgenen. Da es eine Schnittstellenfunktion ist, geht es nicht darum, Situationen allein zu entschärfen, sondern eventuelle Probleme im Zusammenspiel mit verschiedenen Bereichen zu lösen. Es geht also nicht darum, den Patienten zu beschwichtigen, sondern konstruktiv Lösungen zu finden. Wichtig ist mir dabei, dass alle Gespräche absolut vertraulich geführt werden und die Rechte der Patientinnen und Patienten – etwa Datenschutz, das Recht auf Information, Aufklärung und Würde – gewahrt werden.
Nach den ersten zwölf Monaten meiner Tätigkeit kann ich feststellen, dass die Kommunikation innerhalb unserer Organisation sehr konstruktiv und zuverlässig verläuft. Bei Bedarf lassen sich die zuständigen Ansprechpartner aus den Fachbereichen unkompliziert einbinden, was die Zusammenarbeit insgesamt erleichtert.
Wie wird Ihre Rolle durch die Organisation unterstützt – also in Bezug auf Verankerung, Unabhängigkeit, Ressourcen und Zusammenarbeit mit anderen Bereichen?
Ich arbeite unabhängig und autark, genieße das volle Vertrauen der Führungsebene und habe Zugriff auf die notwendigen Ressourcen, um meine Aufgaben effektiv wahrzunehmen. Beschwerden werden über ein internes System an die zuständigen Fachbereiche weitergeleitet, bei spezifischen Rückfragen arbeite ich eng mit den Kolleginnen und Kollegen der DRF Luftrettung zusammen. Ich erhalte Rückmeldungen über den Bearbeitungsstand, sodass ich die Patientinnen und Patienten informieren kann. Diese gute Zusammenarbeit ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor.
Wie hat sich die Patientenfürsprache bei Ihnen zu dem entwickelt, was sie heute ist? Könnten Sie diesen Weg mit seinen wichtigsten Schritten oder Phasen beschreiben?
Die Rolle des Patientenfürsprechers bei der DRF Luftrettung ist zwar noch jung, wird aber sehr gut angenommen. Dies motiviert mich und die Besatzungen an den Luftrettungsstationen für ihre Arbeit – insbesondere, wenn positive Rückmeldungen eingehen. Seit der Einführung im November 2024 habe ich über 100 Anfragen erhalten – dieser große Zuspruch hat mich ehrlicherweise überrascht, zeigt aber auch wie groß der Bedarf ist. Man kann sagen, dass mit höherer Bekanntheit der Funktion auch die Zahl der Anfragen im Jahresverlauf angestiegen ist. Parallel dazu haben wir eine Patientenbefragung gestartet, bei der rund 95 % der Befragten angaben, sehr zufrieden mit der Versorgung gewesen zu sein. Gerade arbeiten wir an der Auflage einer zweiten Befragung in diesem Jahr. Wir setzen uns insgesamt für eine Erhöhung der Versorgungsqualität ein, die Erfolgsmessung erfolgt nicht nur über die Rolle des Patientenfürsprechers, sondern in Kombination mit weiteren Maßnahmen wie Patientenbefragungen und anderen patientenorientierten Aktivitäten. Eine weitere Patientenbefragung ist in Vorbereitung und soll noch dieses Jahr erfolgen.
Auch die Vernetzung spielt eine Rolle: Wir sind dem Bundesverband der Patientenfürsprecher beigetreten und tauschen uns regelmäßig mit Kolleginnen und Kollegen aus Kliniken und Sozialverbänden aus.
Ich führe außerdem regelmäßige Feedbackgespräche mit den zuständigen Fachabteilungen, in denen einzelne Fälle, positive und negative Rückmeldungen sowie Verbesserungspotenziale besprochen werden.
Was waren dabei die größten Herausforderungen und – ebenso wichtig – welche Faktoren oder Personen waren entscheidend, um diese zu meistern und die Entwicklung voranzubringen?
Eine große Hürde gab es nicht, denn die DRF Luftrettung war bereit für diesen Schritt. Entscheidend war die Offenheit für Kritik und die gelebte Fehlerkultur. Sehr hilfreich ist für mich der Austausch mit Patientenfürsprechern aus anderen Bereichen des Gesundheitswesens. So habe ich gesehen, wie breit das Aufgabenspektrum gefächert ist und konnte meine eigene Arbeit besser einordnen.
Welche zentrale Erkenntnis („Lesson Learned“) nehmen Sie aus diesem Entwicklungsprozess mit?
Stillstand ist keine Option, denn der Patient steht bei der DRF Luftrettung im Fokus. Es geht darum, mutig neue Funktionen einzuführen, die den Patienten zugutekommen. Das sorgt für kontinuierliche Verbesserung und rückt die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten konsequent in den Mittelpunkt.